Letzten Monat habe ich darüber geschrieben, wie wir uns als Leader vorbereiten können, um Besprechungen harmonisch und produktiv zu machen, indem wir uns mit der L+ Methode in einen Zustand höchster Präsenz und Leistungsbereitschaft versetzen. Heute will ich mich einer weiteren Praxis zuwenden, die Sie in Besprechungen anwenden können, um das Erreichen überdurchschnittlicher Resultate und gleichzeitig die Entwicklung Ihrer Teammitglieder zu unterstützen. Es geht dabei um unsere Einstellung anderen Menschen gegenüber, um das Bild, das wir uns von ihnen machen.
Ich bin sicher, dass Sie die Erfahrung auch schon gemacht haben, dass Ihre Gedanken das Verhalten anderer Menschen beeinflussen können. Ein sehr schönes Beispiel könne Sie in einem früheren Blogbeitrag lesen.
Wie können Sie diese Tatsache zum Vorteil Ihres Teams und der einzelnen Teammitglieder einsetzen?
Wie unsere Gedanken vorhandene Möglichkeiten begrenzen oder erweitern, ist vielleicht einfacher an unserem eigenen Beispiel zu verstehen. Bevor wir uns die Wirkung unserer Einstellung auf andere überlegen, will ich deshalb einige Gedanken über unser eigenes Selbstkonzept teilen.
Unser Selbstkonzept bestimmt unsere Grenzen
Das Konzept, das wir von uns selbst haben, setzt sich aus folgenden drei Bereichen zusammen:
- Image (wie ich mich selbst sehe)
- Ideale (wie ich gesehen werden möchte) und
- Selbstwert (wie ich über mich fühle)
Dieses Selbstkonzept definiert die Grenzen dessen, was wir in unserem Leben erreichen können. Mehr als wir sehen und fühlen können, können wir nicht erreichen. Um Ziele jenseits des Selbstkonzeptes zu erreichen, müssen wir in der eigenen Vorstellung zuerst zu der Person werden, die ein solches Ziel erreichen kann. Und eine vielversprechende Methode, um zur Person zu werden, die wir sein wollen, ist, so zu tun, als ob wir es schon wären. Selbst wenn wir genau wissen, dass es noch nicht soweit ist.
Ähnlich wie wir uns mit unserem Selbstkonzept Grenzen setzen, schränken wir durch unsere – bewusste oder unbewusste – Einschätzungen anderer Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, die Möglichkeiten ein, was und wie sie im Team beitragen können. Jeder Mensch hat ein unbeschränktes Potential. Je «grösser» unser Konzept einer Person ist, selbst wenn wir wissen, dass es heute noch nicht so ist, desto mehr unterstützen wir sie in der Entfaltung dieses Potentials.
Die In-10-tion verschiebt Grenzen
Hier ist eine praktische Art, wie Sie mit Ihrer Einstellung Gutes für Ihr Team tun können:
- In Ihrer Vorbereitung des Termins nehmen Sie sich vor, allen teilnehmenden Personen durch Ihre Einstellung unbeschränkte Möglichkeiten zur Entfaltung zu geben.
- Am Anfang des Meetings, z.B. während der Check-in Runde, hängen Sie jeder Person in Gedanken eine 10 (auf einer Skala 1 = unbrauchbar, 10 = genial) über den Kopf. Am besten in Farbe. Und wenn eine 10 für Sie noch zu limitierend ist, kann es auch die liegende 8 sein.
- Mit dieser Intention, oder eben In-10-tion, gehen Sie durch das Meeting. Stellen Sie sich hin und wieder die leuchtenden Zahlen über den Köpfen vor und lassen Sie sich von bisher unbekannten Facetten und Fähigkeiten Ihrer Teammitglieder überraschen.
Eine Warnung:
Eine 10 zu geben, heisst nicht, dass wir unsere Erwartungen an diese Person hochschrauben mit der Gefahr, dann möglicherweise enttäuscht zu werden. Vielmehr bedeutet es, eine positive Projektion der Fähigkeiten und Möglichkeiten dieser Person zu haben. Eine solche Einstellung wird von der anderen Person unbewusst wahrgenommen. Sie drückt sich auch automatisch in unserer Wortwahl und nicht-verbalen Kommunikation aus.
Ein weiterer Bonus:
Durch diese Praxis helfen Sie auch sich selbst, offen für Neues, offen für positive Überraschungen zu sein. Aus all diesen Gründen macht es ganz rational keinen Sinn, einer Person keine 10 über den Kopf zu hängen. Nur Upside, kein Downside.
Machen Sie diese In-10-tion zu einem festen Bestandteil all Ihrer Meetings.
Genug gesprochen, jetzt zur Anwendung: Wenn Sie Ihr Team beim nächsten Meeting begrüssen, nehmen Sie sich die Zeit und hängen jeder Person eine leuchtende 10 über den Kopf. Alles andere ergibt sich von selbst.
Pro-Tipp
Die In-10-tion funktioniert nicht nur im Team im Geschäft. Wenden Sie sie bei allen Menschen und Situationen an und geniessen Sie, was sich entfaltet.
Raymond Risler ist Senior Compliance Officer bei der Zurich Insurance Company und Trainer der Personal Breakthrough Academy.