Seit ich das Buch “Hooked: Wie Sie Produkte erschaffen, die süchtig machen” (teilweise) gelesen habe, habe ich ständig ein Auge auf den Autor Nir Eyal. In seinen Thesen überschneiden sich Psychologie, Technologie und Wirtschaft auf interessante Art und Weise. Er nennt es “Behavioral Design”. Seine Themen umfassen User Experience, Verhaltensökonomie und eine Prise Neurowissenschaft. In einem kürzlichen Beitrag schrieb er, dass man keinen Mentor, sondern einen Buddy braucht. Mit Buddy meint er einen Freund, der einem als Accountability Partner dient. Seine Überlegungen dazu finde ich interessant.
Mentoring oder Accountability Partnerschaft?
Sich einen Accountability Partner zu suchen, ist eine einfache und äusserst wirksame Methode, um sich selbst auf Trab zu halten.
Wer Schwierigkeiten hat, seine persönlichen oder beruflichen Ziele zu erreichen, wünscht sich manchmal, dass er mit einem erfolgreichen Mentor arbeiten könnte. Wenn man doch nur mit einem sehr erfolgreichen Wirtschaftsführer wie Elon Musk oder Jeff Bezos sprechen könnte, dann hätte man all die Antworten, nach denen man sucht. Höchstwahrscheinlich würde man in so einem Gespräch einige nützliche Tipps kriegen, oder?
Darüber sollte man einmal in aller Ruhe nachdenken, denn die meisten Menschen erliegen dem “fundamentalen Attributionsfehler”, der laut Dr. Cristina Bicchieri” die Tendenz ist zu glauben, dass das, was Menschen tun, widerspiegelt, wer sie sind”.
Mit anderen Worten: Nur weil eine Person in einem bestimmten Bereich ihres Lebens erfolgreich ist, nehmen wir an, dass sie uns sagen kann, was wir in unserem eigenen Leben tun sollten.
Folge deinen Träumen, arbeite hart, umgebe dich mit guten Menschen… bla, bla, bla. Diese allgemeinen Tipps haben die meisten von uns bereits gehört.
Um das Leben zu leben, das man will, geht es nicht darum, magische Antworten zu finden. Es geht darum, das durchzuziehen und zu tun, von dem man bereits weiss, dass man es tun muss. Das Problem ist, dass wir uns immer wieder selbst im Weg stehen, angefangen bei der Vorstellung, dass ein Mentor eine geheime Weisheit hat, die er weitergeben kann.
Die Antwort ist nicht, einen berühmten Wirtschaftsführer, Autor oder Experten zu verfolgen. Viel besser ist es, sich einen Partner zu suchen, der einem zur Seite steht, dann wird man sehen, wie sich das Leben zum Besseren wandelt.
Eigentlich weiss man, was zu tun ist
Einen Mentor zu finden, ist schwierig. Die guten Mentoren haben wahrscheinlich keine Zeit, Ihre Probleme zu besprechen, weil sie mit ihren eigenen beschäftigt sind. Und selbst wenn sie die Zeit hätten, wäre ihr Rat wahrscheinlich nicht sehr hilfreich.
Niemand weiss besser als Sie selbst, was Sie gerade durchmachen. Niemand weiss besser als Sie selbst, was Sie wirklich im Leben wollen.
Es ist zwar nützlich, jemanden zu haben, der einem zuhört, aber man braucht niemanden, der reich und berühmt ist, um einem als Spiegel zu dienen. So ziemlich alles, was der 90-jährige Warren Buffett zu sagen hat, ist bereits gesagt worden. Wahrscheinlich wurde er schon eine Million Mal dasselbe gefragt, was auch wir ihn fragen würden, wenn wir die Gelegenheit dazu hätten. Auf YouTube wird man wahrscheinlich seine Antwort hören können:
“Sparen Sie mehr, als Sie ausgeben, investieren Sie langfristig in kostengünstige Indexfonds und geraten Sie nicht in Panik, wenn der Markt abstürzt.”
So oder ähnlich dürfte wohl die Empfehlung von Warren Buffet klingen. Soweit so gut, aber wie hilft mir das, tatsächlich wohlhabend zu werden?
Das Kumpel-System
Der Aufbau von Vermögen – genau wie die Erfüllung von Karriere-, Beziehungs-, Fitness- oder anderen Zielen – erfordert konsequentes Handeln. Die meisten Menschen sparen nicht konsequent. Sie hören zwei Monate nach einem Neujahrsvorsatz auf, Sport zu treiben. Sie kommen beim Schreiben ihres Romans nicht über Seite 10 hinaus. Es liegt nicht daran, dass sie nicht wissen, was sie tun sollen, sondern daran, dass sie das, was sie tun sollten, nicht durchhalten. Die häufigste Ursache für Misserfolge ist das Aufgeben.
Als wir noch Kinder waren, wurde uns gesagt, dass wir bei Schulausflügen das “Buddy-System” anwenden sollten. Der Gedanke dahinter war, dass die Kinder sich weniger verirren, wenn sie einen Freund dabei haben, der sie davon abhält, sich zu weit zu entfernen. Das ist ein guter Ansatz, der uns auch als Erwachsene helfen kann, unsere Lebensziele zu verfolgen und letztendlich zu erreichen.
Wir alle brauchen jemanden, der uns hilft, das zu tun, was wir uns vorgenommen haben. Jemanden, der uns hilft, wenn wir nicht mehr weiter wissen, und der dafür sorgt, dass wir nicht aufgeben.
Sich einen Partner zu suchen, ist eine billige, einfache und sehr effektive Methode, um am Ball zu bleiben. Im Folgenden eine Anleitung wie man das Buddy-System für sich nutzen kann.
1) Wähle (nur) eine Methodik
Als Nir Eyal und seine Frau beschlossen hatten, ein Baby zu bekommen, gab ihnen ein guter Freund, ein Vater von vier Kindern, einen hervorragenden Rat. “Wählt nur ein Erziehungsbuch”, sagte er. Anstatt sich mit der Lektüre von (oft widersprüchlichen) Erziehungsratschlägen in den Wahnsinn zu treiben, empfahl er, sich auf eine einzige Methode zu beschränken.
Und warum? Weil Beständigkeit das Wichtigste ist, um ein guter Elternteil zu sein. Ist man damit beschäftigt, die Ratschläge von Erziehungsexperten zu diskutieren, ist man nicht in der Lage, die Methoden eines jeden von ihnen effektiv umzusetzen.
Ganz gleich, welches Ziel man verfolgt, man sollte mit einem Ansatz beginnen, dem man vertraut. Nehmen wir zum Beispiel an, wir wollen unser Geld besser verwalten. Dann kauft man sich ein Exemplar von Ramit Sethis Buch “I Will Teach You to Be Rich”.
Will man gesund leben, dann kauft man das Buch: “Selbstheilung mit Ayurveda” von Vasant Lad, welches Tausenden von Menschen geholfen hat. Oder wenn man in einer Gemeinschaft seine Ziele erreichen will, nimmt man am besten an einer Karawane teil.
2) Such dir einen Kumpel
Jetzt, da man die Methodik kennt, ist es an der Zeit, sich einen Partner zu suchen. Man kann jemanden fragen, den man bereits kennt, aber manchmal ist es einfacher, sich mit jemandem zusammenzutun, der neu und unbefangen ist. Das war einer der ganz wichtigen Gründe, warum wir die Karawane ins Leben gerufen haben.
Hat man sich für eine Methode entschieden, sollte man nicht lange brauchen, um Gleichgesinnte mit denselben Zielen und demselben Ansatz zu finden. Man geht einfach dorthin, wo sich diese Leute aufhalten. Die meisten Bewegungen haben eine Community-Seite (facebook, LinkedIn o.a.) wo man Gleichgesinnte finden kann. Oder man kann im Kommentarbereich von Instagram-Posts von fast jedem Autor nachsehen, ob sich jemand als Buddy findet.
3) Wähle eine Zeit
Jedes “How to”-Buch gibt einem Schritte vor, die man unternehmen kann. Das Wichtigste ist, dass man diese Schritte genau befolgt und sich auf seinen Kumpel stützt, damit man nicht aufgibt. Der nächste Schritt besteht darin, regelmässige Kontrollen zu planen.
Wer versucht, Geld zu sparen oder gesund zu bleiben, kann jede Woche einen Termin vereinbaren, um mit seinem Partner über die Schritte zu sprechen, die man unternommen hat, um die Methoden aus dem Buch, das man gelesen hat, umzusetzen.
Während des Gesprächs tauscht man sich abwechselnd über die Erfolge und Herausforderungen aus und erzählt, was man auf dem Weg dorthin gelernt hat. Das Tolle dabei ist, dass man nicht nur von den Erkenntnissen seines Partners lernt, sondern auch die Möglichkeit hat, seinen Partner (und vielleicht auch andere) zu unterrichten.
Jemandem etwas beizubringen ist ein äusserst effektiver Weg, um seine eigenen Erkenntnisse zu untermauern und die neue Identität als die Art von Person zu festigen, die sich konsequent darum bemüht, gesund zu bleiben, Geld zu sparen oder sich nicht unterkriegen zu lassen.
Wenn man sich für eine Methode, einen Partner und eine wöchentliche Kontrollzeit entscheidet, hat man alles, was man braucht, um loszulegen und auf Kurs zu bleiben.
Warnung!
Auf keinen Fall darf man auf magische Antworten warten, die es nicht gibt, von Mentoren, die man nie trifft. Wer sich einen Partner sucht, ist auf einem guten Weg.
Erhard Rüttimann ist Trainer der Personal Breakthrough Academy.