Warum machen wir oft nicht das, was wir wissen? Diese Frage stellt sich jeder von uns wohl häufiger. In diesem Beitrag gehen wir auf die Herausforderungen ein, die uns im Weg stehen. Wir sprechen über 30-Tage-Challenges, den Unterschied zwischen Motivation und Disziplin, die Bedeutung des Bewusstseins, neurowissenschaftliche Erkenntnisse und die Wertigkeit gelebter Erfahrung.

Die Falle der 30-Tage-Challenges

30-Tage-Challenges sind in Mode gekommen, aber sie sind nicht immer der Schlüssel zum Erfolg. Das Problem ist, dass sie oft nur temporäre Anstrengungen sind und keine nachhaltigen Veränderungen bewirken.

Aber wo genau liegt das Problem bei diesen Challenges? Diese Herausforderungen sind zeitlich begrenzt. Das Endziel ist der Abschluss der Challenge, nicht die nachhaltige Veränderung. Das bedeutet, dass man die Weichen schon von Anfang an auf Misserfolg gestellt hat. So toll es ist, mit Hilfe einer Herausforderung zu wachsen, so unsinnig ist es, einen speziellen Aufwand zu betreiben, nur um ihn dann nach Ablauf der Challenge wieder einzustellen. Natürlich können Challenges auch als Starthilfe dienen, doch sollte man sich bewusst sein, dass man sich schon vor Beginn der Challenge klare Ziele für den Zeitpunkt danach setzen sollte.

Wenn wir also etwas Neues starten, dann sollten wir uns zuerst klar darüber werden, warum wir das tun. Nachdem jeder von uns schon die Erfahrung gemacht hat, dass er etwas Neues begonnen hat, dann aber nach einer bestimmten Zeit wieder aufgegeben hat, sollte man sich bewusst sein, dass solche Experimente reine Zeitverschwendung sind. Insbesondere, wenn man sie öfter wiederholt.

Das heisst, dass der gesunde Menschenverstand es gebührt uns zuerst klar darüber zu werden, warum wir einen bestimmten Prozess oder ein Projekt starten wollen. Ansonsten werden wir unsere Zeit unnötig verschwenden. Je klarer wir uns über unser Motiv sind und je mehr Emotionen es in uns wecken kann, desto stärker der Antrieb zu starten.

Und so wichtig es für die einen ist, überhaupt zu starten, so wichtig ist es wiederum für andere, nicht schon bald wieder aufzugeben. Auf der einen Seite gibt es Menschen, denen  fällt es ganz leicht, etwas Neues anzufangen, während andere wiederum nie ins Tun kommen. Und auf der anderen Seite gibt es Menschen, die überhaupt kein Problem damit haben, etwas aufzugeben und immer wieder neu zu starten, während andere problemlos am Ball bleiben können und überhaupt nie ans Aufgeben denken.

Wer also Probleme mit dem Starten oder dem Finishen hat, sollte sich einen Partner suchen, der die gegensätzliche Stärke hat. So hilft man sich gegenseitig in die Gänge zu kommen und am Ball zu bleiben. Einen Partner für dieses Unterfangen zu finden ist gar nicht so schwer. Es sind fast immer die Leute, die ganz anders sind als wir. Meistens umgeben wir uns mit Menschen, die ähnlich sind wie wir. Wenn gute Starter sind, haben wir lauter Starter um uns. Und wenn wir gute Finisher sind, dann haben wir vor allem Finisher um uns. Du weißt schon, was ich meine. Du erkennst die Menschen sofort, die gegensätzlich Stärken haben. Lobe sie dafür und frage sie einfach um Unterstützung. Jeder Mensch hilft gerne anderen, vor allem wenn er das mit seinen Stärken tun kann. 

Motivation vs. Disziplin

Motivation ist der Funke, der den Stein ins Rollen bringt. Disziplin ist das, was ihn am Laufen hält. Ein häufiges Missverständnis ist, dass Disziplin etwas ist, das erzwungen werden muss. In Wirklichkeit ist es eine Fähigkeit, die trainiert werden kann.

Disziplin. “Oh je, auch das noch, Disziplin, das ist mir aber viel zu anstrengend”, so oder ähnlich tönt es oft, wenn das D-Wort fällt. Dabei handelt es sich einfach um ein falsches Verständnis der Disziplin.

Das Wort Disziplin kommt vom lateinischen “discipulus”, was “der Schüler” bedeutet. Disziplin zu besitzen bedeutet also, dass man sich bewusst ist, dass man in einem Gebiet noch ein Schüler, ein Lernender ist. Solange man in diesem Learning-Mindset bleibt, wird man auch nicht aufgeben, sondern konsequent daran arbeiten. Disziplin ist also nichts Mühsames oder Anstrengendes, sondern einfach der Weg zum Ziel. Man lernt so lange, bis man es kann. Disziplin ist das, was uns dranbleiben lässt, wenn die Anfangsmotivation nachlässt.

Die Schwierigkeit beginnt aber dann, wenn das D-Wort bei uns Emotionen triggert. Es kann gut sein, dass der vermeintliche Zwang nach Disziplin Frustration oder gar Entmutigung auslöst. Im schlimmsten Fall kann es sogar Angst auslösen. Wird man von solchen Emotionen heimgesucht, dann ist es wichtig, dass man sich rasch von ihnen distanziert. Am besten du atmest ein paar mal tief ein und aus und konzentrierst dich auf etwas , was dir grosse Freude macht. Sobald du dich wieder gut und stark fühlst, beginnst du über deine vorherige Reaktion zu lachen. Ja, du liest richtig, lach diese Emotion, die nicht Teil von dir ist, einfach aus. Werde dir bewusst, dass das nur die Bewertung eines früheren Erlebnisses war und dass das nicht bedeutet, dass deine künftigen Erfahrungen die gleiche sein werden. Es ist zu spät, seine Meinung zu einer Erfahrung zu ändern. Genau darum sind wir eben Discipuli, sprich Lernende.

Die Bedeutung des Bewusstseins

Das Bewusstsein ist der Schlüssel zu einer dauerhaften Veränderung. Wenn wir uns unserer Handlungen, Gedanken und Emotionen bewusst sind, können wir beginnen, sie zu steuern. 

Albert Einstein sagte, dass man ein Problem nicht auf der Ebene lösen kann, auf der es entstanden ist. Also müssen wir unser Bewusstsein erweitern. Ein erweitertes Bewusstsein ermöglicht uns, tiefer zu verstehen, warum bestimmte Gewohnheiten uns schaden.

So banal das jetzt klingen mag, aber das Problem liegt vor allem darin, dass wir das Allermeiste unbewusst tun. Unzählige Studien belegen, dass wir rund 95% aller Handlungen im Laufe eines Tages unbewusst machen, sprich wir sind auf Autopilot. Dies ist nur möglich, weil wir Menschen eben Gewohnheitstiere sind. In den indischen Schriften heisst es: Unsere besten Freunde und unsere grössten Feinde sind unsere Gewohnheiten – die Gute und die Schlechten. Ein probates Rezept, um nicht ständig im Autopilotmodus unterwegs zu sein, ist bewusst Präsenz zu üben. Achte mehrmals am Tag bewusst darauf, wo gerade deine Aufmerksamkeit ist. Stell dir einen Alarm auf deinem Handy und frage dich jedes Mal, wenn du ihn hörst oder das Vibrieren spürst: Wo bin ich jetzt gerade?

Gewohnheiten richtig  zu verstehen gehört also zum Grundwissen, wie man dauerhafte Veränderungen vollziehen kann. Je besser wir verstehen, wie sich eine Gewohnheit bildet oder besser, wie man bewusst eine erwünschte Gewohnheit bildet, desto einfacher gelingt es auch mit persönlichen Veränderungen.

Im Forschungsgebiet der Neuro- und Gehirnwissenschaften wurden in den letzten Jahre so grosse Fortschritte gemacht, dass wir uns ganz einfach mit den wichtigsten Werkzeugen bewaffnen können, die uns dabei helfen, gewünschte Verhaltensweisen zu entwickeln und schlechte Gewohnheiten ein für allemal hinter uns zu lassen.

Hier zehn praktische Tipps, wie du das Bewusstsein fördern kannst:

  1. Meditiere täglich: Nimm Dir jeden Tag einige Minuten Zeit, um still zu sitzen und Deinen Geist zu klären. Das stärkt Deine Selbstwahrnehmung und öffnet Raum für bewusstere Entscheidungen.
  2. Reflektiere Dich selbst: Schreib am Ende des Tages ein paar Zeilen über Deine Erlebnisse, Gefühle und Entscheidungen. Das verschafft Dir mehr Klarheit über Dich selbst.
  3. Sei achtsam im Alltag: Versuche, in alltäglichen Momenten wie dem Essen oder beim Gehen voll da zu sein. Das schärft Deine Aufmerksamkeit für den gegenwärtigen Moment.
  4. Mach Atemübungen: Zentriere Dich durch bewusste Atemzüge. Das beruhigt den Geist und stärkt Dein Körperbewusstsein.
  5. Setze klare Ziele: Definiere für Dich klare Ziele. Sie geben Deinem Tun eine Richtung und helfen Dir, Deine Entwicklung bewusster wahrzunehmen.
  6. Hol Dir Feedback: Sprich mit Menschen, denen Du vertraust, über Deine Ziele und Herausforderungen. Ihre Perspektiven können Dir helfen, eigene blinde Flecken zu erkennen.
  7. Überdenke Deinen Informationskonsum: Wähle bewusst aus, welche Informationen Du aufnimmst. Zu viele Ablenkungen können Dein Bewusstsein trüben.
  8. Geh bewusst mit Deiner Zeit um: Plane Deinen Tag und halte Dich an diesen Plan. So nutzt Du Deine Zeit bewusster.
  9. Hör aktiv zu: Wenn Du mit jemandem sprichst, hör aktiv und ohne Vorurteile zu. Das verbessert Dein Verständnis für den anderen und Deine Selbstwahrnehmung.
  10. Achte auf Ernährung und Bewegung: Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung können Dein allgemeines Wohlbefinden und damit auch Dein Bewusstsein erhöhen.

Neurowissenschaft und Gewohnheiten

Neueste Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft zeigen, dass Gewohnheiten nicht nur aus einer Aneinanderreihung von Aktionen bestehen. Sie sind vielmehr das Ergebnis komplexer neuronaler Netzwerke in unserem Gehirn, die sich ständig verändern und anpassen können.

Einfach aufhören? Wenn es nur so leicht wäre! Gewohnheiten sind im Gehirn verankert. Die Lösung liegt daher im Erschaffen neuer, gesunder Gewohnheiten, die die alten, schädlichen ersetzen.

Obwohl die Neurowissenschaften schon sehr viel über Gewohnheiten herausgefunden haben, ist es ihnen bisher erst gelungen herauszufinden, wie Gewohnheiten entstehen. Beim Warum, der Ursache also, sind sie noch nicht weit vorgedrungen.

Das soll uns aber nicht entmutigen, denn das Wichtigste, was man über Gewohnheiten wissen muss, ist, dass sie durch Wiederholungen entstehen. Je öfter man eine bestimmte Handlung wiederholt, desto stärker werden die Nervenbahnen benutzt, über welche die entsprechenden Impulse im Gehirn übertragen werden. Es gibt hier den bekannten Spruch: “Neurons that fire together, wire together.” Was auf Deutsche etwa soviel bedeutet, wie dass die Neuronen im Gehirn, die regelmässig miteinander kommunizieren, sich über Zeit immer stärker miteinander verbinden oder besser verdrahten. Um diese Verdrahtung zu schützen und die Signalübertragung einfacher und schneller zu machen, bildet das Gehirn sogenannte Myelinscheiden. Dies nennen wir dann umgangssprachlich eine Gewohnheit.

Der Wert gelebter Erfahrung

Der Wert gelebter Erfahrung kann nicht genug betont werden. Vorbilder und Meister können uns Wege aufzeigen, die wir selbst nicht gesehen hätten. Aber wir leben in einer Sofortbefriedigungsgesellschaft, die oft den schnellen Erfolg über das langfristige Wachstum stellt.

Theorien und Ratschläge sind zwar gut, aber ohne praktische Anwendung sind sie wertlos. Darum sollten wir auf Menschen hören, die das erreicht haben, was wir anstreben. Sie können uns auf eine Weise leiten, die Theoretiker nicht können.

Wenn wir also dauerhafte Veränderungen anstreben, dann sollten wir von Vorbildern lernen, die diese Aufgabe erfolgreich gemeistert haben. Menschen, die etwas absolut perfekt beherrschen, nennen wir Meister. Es gibt unzählige Theorien darüber, wie lange es dauert, bis man ein Meister wird. Einige reden von 10’000 Stunden und im Mittelalter musste ein Lernender sieben Jahre einem Meister folgen, bis er seinen Berufsstand frei ausüben durfte.

Wir leben heute aber in einer Sofortbefriedigungsgesellschaft, will heissen, dass wir auf Knopfdruck Resultate erwarten. Das führt leider dazu, dass wir ein Online-Training kaufen oder an einem Seminar teilnehmen, welches und Erfolg über Nacht verspricht. Da dies nie eintreffen kann, kaufen wir gleich das nächste Programm, wenn wir uns von der ersten Frustration erholt haben. Das Einzige, was wir dabei lernen, ist, dass wir Meister im Aufgeben werden.

Darum sind wir gut bedient aus der Geschichte zu lernen. Was in fernöstlichen Kampfkünsten der normale Weg ist, um etwas zu lernen, sollte uns ein Hinweis sein, wie wir das auch in anderen Bereichen unseres Lebens machen können. Wir öffnen uns und sind bereit von einem Meister zu lernen. Dazu gibt es ein weiteres, bekanntes Zitat: “When the student is ready, the teacher appears.” Was soviel bedeutet, wie: Wenn der Schüler bereits ist, erscheint auch der Lehrer.

Die Individualität des Veränderungsprozesses

Nicht jeder Tipp funktioniert für jeden. Wir sind alle unterschiedlich und stehen in unserer persönlichen Entwicklung an verschiedenen Punkten. Wichtig ist, dass wir unser eigenes Potenzial erkennen und uns darauf konzentrieren, dieses stufenweise umzusetzen. “One-Size-Fits-All”-Lösungen gibt es selten, so dass es wichtig ist, sich selbst gut zu kennen. Finde heraus, was du für ein Lerntyp bist. Es gibt dazu unzählige kostenlose Tests im Internet. Such einfach nach: Was für ein Lerntyp bin ich? Sobald du verstehst, über welchen Kanal du Informationen am besten aufnehmen kannst, fällt es dir viel leichter, Veränderungen aktiv anzugehen.

Das bedeutet, dass wir offen sind auf der Suche nach dem richtigen Weg und wenn uns ein Weg anspricht, dann sollten wir ihn einer genauen Betrachtung unterziehen. Wir müssen lernen zu spüren, ob etwas richtig und gut für uns ist. Es gibt bekanntlich viele Wege nach Rom und so ist es auch mit der Veränderung. Such nach dem richtigen Weg für dich, ein Weg, der sich gut anfühlt, der die Freude macht, der dich herausfordert und der dir auch nach langer Zeit immer noch neue Erkenntnisse liefert.

Nein, dies ist nicht im Widerspruch zur bereits hochgepriesenen Durchhalteparole. Ein indischer Weiser sagte einmal: Ein Mensch kann viele Lehrer haben, jedoch nur einen Meister. Für dich bedeutet das, dass du alles, was dir bei deinem Veränderungsprozess nützlich erscheint, studierst und ausprobierst. Wenn du dann aber den Meister gefunden hast, der dir dabei helfen kann, deinen Weg selbständig und ohne nach links oder rechts schielen zu müssen, dann schenke ihm deine Loyalität.

Die Rolle der Meditation

Eines der wirkungsvollsten Werkzeuge für nachhaltige Veränderung ist die Meditation. Sie ist die ultimative Praxis zur Erweiterung des Bewusstseins und sollte als lebenslange Übung betrachtet werden. Der grösste Nutzen für deinen Veränderungsprozess besteht darin, dass du in fast allen Situationen ruhig bleiben kannst. Sobald man unruhig wird, bedeutet das, dass man sich in einem emotionalen Zustand befindet. Und Emotionen haben die unerwünschte Nebenwirkung, dass die Intelligenz sinkt. Der Blutstrom fliesst vom Denkhirn, dem präfrontalen Cortex, in das Stammhirn, genauer gesagt in die Amygdala zurück. In diesem Zustand kennen wir dann nur noch drei Reaktionsmöglichkeiten: wegrennen, zuschlagen oder stillstehen. Keine dieser Zustände ist hilfreich, wenn man bewusst eine Verhaltensänderung vollziehen will.

Meditation ist seit Jahrtausenden der Weg, der kleine Seelen zu grossen Meistern gemacht hat. Dies wird heute auch von unzähligen wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt. Es besteht heute kein Zweifel mehr, dass mit Hilfe von Mediation sogar die DNA verändert werden kann. Natürlich braucht es dazu jahrelange Praxis, doch eines ist gewiss, man wird von Tag zu Tag besser. Und wer möchte schon auf diesen Vorteil verzichten?

Auch hier gilt es, die für einen geeignete Methode zu finden. Das ist aber gar nicht so schwer, denn es gibt nicht viele Methoden, welche über eine grosse Erfolgsquote verfügen und das liegt nicht daran, dass die Leute zu früh aufgegeben haben. Wie heißt es so schön, wer sucht, der findet. Also nichts wie los, experimentiere, prüfe und entscheide dich für deinen Weg.

Schlusswort

Wir haben gesehen, dass Veränderung nicht einfach ist, aber auch nicht unmöglich. Der Schlüssel ist ein besseres Verständnis für uns selbst und die Welt um uns herum. Also, nehmen wir die Herausforderung an und machen den ersten Schritt heute.

Ein erweitertes Bewusstsein ermöglicht uns, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen und unseren Weg klarer zu erkennen. Beginne deinen Tag mit Meditation und lass damit ausklingen. Dies ist kein 30-Tage-Experiment; es ist eine Lebensweise.

Nimm Dir jeden Tag bewusst Zeit für Dich selbst – ob durch Meditation, Reflexion oder einfache Stille. Diese Zeit ist der Schlüssel zu mehr Bewusstsein, weil sie Dir ermöglicht, in Kontakt mit Deinem inneren Selbst zu treten. Dort findest Du die Antworten und die Weisheit, die Du für ein bewussteres Leben brauchst.